- no strings attached -

 

CD-Inhalt:

 
   

Edvard Hagerup Grieg  (1843 – 1907)
Suite "Aus Holbergs Zeit", op. 40, 1884/85   (Arr.: Jürgen Pfiester)

 

  1   Präludium,   Allegro vivace

2'37''

  2   Sarabande,   Andante

2'02''

  3   Gavotte – Musette,   Allegretto

3'10''

  4   Air,   Andante religioso

5'02''

  5   Rigaudon,   Allegro

2'44''

Johann Sebastian Bach  (1785 – 1850)

 

  6    Sonate für Viola da Gamba  in g-moll, 1. Satz  
          (Arr.: Jeffrey Stone)

5'04''

  7   "Air"    aus der Ouvertüre Nr. 3 D-Dur BWV 1068 
          (Arr.: A. Frackenpohl)

5'28''

Tomaso Albinoni  (1671 – 1750)
Sonata "San Marco"   (Arr.: David Hickman)

 

  8   Grave

2'26''

  9   Allegro

2'23''

10   Andante

1'34''

11   Vivace

2'08''

Samuel Barber  (1910 – 1981)

 

12   Adagio   aus dem Streichquartett op. 11   (Arr.: McNeff)
 

6'02''

Ludwig van Beethoven   (1770 – 1827)

 

13   Streichquartett   op. 18 Nr. 3, 4. Satz, Presto 
          (Arr.: Jürgen Pfiester)
 

7'01''

Joseph Haydn  (1732 – 1809)

 

14   Streichquartett   op. 76 Nr. 5, Presto   (Arr.: A. Frackenpohl)

3'57''

 

Gesamtspielzeit:   

52'19''




 
 

- no strings attached -

Take it easy,sei allen Puritanern empfohlen. Erlaubt ist nämlich, was gefällt - und wer Ohren hat, wird vom neuesten "Zungenschlag" der "Rennquintettler" begeistert sein. Die fünf Blechbläser haben sich am Mythos eines höchst klassischen Labels "vergriffen". Aber auf der Suche nach neuen Klangufern war das RENNQUINTETT allen anderen schon immer eine Nasenlänge voraus. Musik als ständige Entwicklung gehört zum Personalstil dieses außergewöhnlichen Ensembles. Sich mit verbrieften Meisterwerken auseinanderzusetzen war eine neue Herausforderung und ist ein Merkmal seiner besonderen Qualität: "Streicher-Highlights" von Barock bis Neuromantik werden zwei Trompeten, Horn, Posaune und Tuba übertragen, einer Besetzung, die adäquat etwa zum Streichquartett oder Kammerorchester einen in sich stimmigen Registerklang der Blechbläser repräsentiert. Daß auch festgeschriebene Werke mit gerade vorhandenen Instrumenten gespielt werden, ist nicht neu. Die Adaptionen für ein modernes Bläserensemble sind folglich legitim und nicht mit den Wildwüchsen entarteter Mode-Arrangements zu vergleichen. Vor allem aber, wenn man sich der ungefilterten Partitur bedient wie das RENNQUINTETT und sie dann noch so perfekt und virtuos serviert. Hat man bisher nur eine Dimension der populären "Streicheleinheiten" kennengelernt, so steht infolge dieses spektakulären Sounds und eminent gespannt-virtuosen Interpretationen und der nach Instrumentalfarben geschickt abgestuften Arrangements ein wahrer Ohrenschmaus ins Haus - durchaus auch für Streicherfetischisten.
Die Holberg-Suite op. 40 von Edvard Grieg wird inzwischen schon als "Perückenmusik" abgetan. Stimmt. Zopfig wirkt sie mit den fast unhörbaren kantilenenseligen Divisi-Celloparts, wäre da nicht diese Neueinspielung mit dem RENNQUINTETT und einem fabelhaften Neuerlebnis am Werke.
Mit der Bearbeitung des ersten Satzes (Allegro) aus J.S.Bachs Gambensonate in g-moll, sind die Grenzen des guten Geschmacks keinesfalls überschritten. Was in dieser schönsten Gambensonate von Bach so sehr an die Musizierfreude der Brandenburgischen Konzerte erinnert, kommt in der Blechbläserversion mit bewundernswerter Raffinesse zum Tragen.
In solcher Umgebung überrascht J.S.Bachs berühmte "Air" aus der D-Dur-Suite keinesfalls. Höchst überraschende Momente, die durch ihre Lebendigkeit, klangliche Prägnanz und Frische auch verständlich machen, durch welche Charakteristika der ungebrochen "gute Ruf" der "Air" begründet ist, erschließen sich in diesem "reformierten" Klangspektrum.
Beeindruckend ist die Sensibilität des bläserischen Vokabulars in der Sonata "San Marco" von Tomaso Giovanni Albinoni. Zwar ein gewagter Zugriff auf sakral geprägte Kammermusik eines Venezianischen Großmeisters, aber ein schattierungsreicher und beweglicher Gang durch die Facetten wirkungsvoller Bläserkultur mit größter Sorgfalt der Artikulation.
Es ist wie eine Maske, die sich da immer wieder vor das Streicherklangbild schiebt, aber nicht schützend vorgeschoben wird, wenn die fünf Blechbläser ihr Inneres preisgeben - die gleiche Leidenschaft, die jeder Spieler im Streichquartett übernimmt, ein Mittel, ohne das mit dem Adagio aus Samuel Barbers Streichquartett op. 11 kein Lob zu ernten ist. Erstaunlich ist nun, wie das RENNQUINTETT die Möglichkeiten eines stimmungsvollen Melos ausnützt - selbst in der leidenschaftlichen Tonwärme des beliebten Satzes faszinierende Klangmittel parat hat.
Bei Beethoven entscheidet sich die Qualität eines Streichquartetts und erst recht die Extraklasse konkurrierender Blechbläser. Es riecht förmlich nach Überschätzung, wenn sich diese blasenden Kammermusiker an Ludwig van Beethovens Presto aus dem Streichquartett Nr.3 op.18 vergreifen. Aber weit gefehlt. Auch Beethoven kann "blechgeblasen" werden. Hinter der stromlinienförmigen Interpretationshaltung halten die Bläser keineswegs mit dynamischer Bandbreite zurück und neben der polierten Oberfläche spiegelt sich der Witz dieses feingliedrigen Schluß-Prestos.
Von fraglos unbekannter Seite wird Haydn zum musikalischen Lustobjekt von fünf experimentier- und abenteuerlustigen Spitzenleuten. Das Finale-Presto aus Joseph Haydns Streichquartett op.76 Nr.5 in D-Dur klingt wie ein atemberaubendes Paket akustischer Überraschungen - reich bestückt von jedem Einzelnen, fest geschnürt aus einer Hand.

Walter Mottl



 

IMPRESSUM
Digitalaufnahme im Jahr 1997/98
Aufnahmen: Sigurd Krumpfer, Rudolf Anslinger, Karl Haffner
Tonmeister (digitaler Schnitt und Mastering): Sigurd Krumpfer
Produktion: Rudolf Bayer
Texte: Walter Mottl
Fotos: Reiner Voß